23. Mai 1618
Die beiden königlichen Statthalter Jaroslav Borsita Graf von Martinitz und Wilhelm Slavata sowie der Kanzleisekretär Philipp Fabricius überleben den Sturz aus dem Fenster ihrer Kanzlei im Hdraschin auf der Prager Burg an jenem Tag, 27 Millionen Menschen werden auf den Schlachtfeldern, vor allem aber in den Dörfern und Städten des Deutsche Reiches, in den nächten 30 Jahren den Tod finden; bis am 24. Oktober 1648 in Münster und Osnabrück endlich Frieden geschlossen werden kann. Am Schlimmsten trifft es fast genau 13 Jahre nach Kriegsbeginn, am 20 Mai 1631, das protestantische Magdeburg. Katholisch-kaiserliche Truppen unter den Generälen Tilly und Pappenheim erstürmen die Stadt. Leib und Leben der Bürger sind schutzlos der Soldateska ausgeliefert. Von den 36.000 Einwohnern finden 20.000 den Tod, der Rest muss die Stadt verlassen, da keine Lebensgrundlage mehr vorhanden ist.
Der Krieg beginnt als religiöser Konflikt. Kaiser Rudolf II. hatte 1609 in einem „Majestätsbrief“ den Protestanten Böhmens ihre Religionsausübung garantiert und ihnen dafür Kirchen zur Verfügung gestellt. König Ferdinand von Böhmen, überzeugter Katholik, Jesuitenschüler und seit 1619 auch Kaiser des Reiches, verfügt, dass die Gotteshäuser wieder geschlossen werden. Der böhmische Adel setzt daraufhin ein Zeichen, die „Defenestration“. Ferdinand wird abgesetzt, der Anführer der protestantischen Union im Reich, Kurfürst Friedrich V. von der Pfalz, zum neuen König Böhmens gewählt.
Nach dem Sieg über die Rebellen in der Schlacht am Weißen Berg vor den Toren Prags im November 1620 verleiht der Kaiser die pfälzische Kurwürde an seinen Verbündeten, den katholischen Herzog Maximilian von Bayern. Damit bricht er Jahrhunderte altes Reichsrecht, zum religiösen gesellt sich nun noch der verfassungspolitische Konflikt.
Die katholische Seite ist erfolgreich. Ex-König Friedrich, der „Winterkönig“, der nur einen Winter in Prag residiert, wird von dort vertrieben, ebenso aus seiner Heimat Heidelberg. Erst in den Niederlanden, seinerzeit Generalstaaten genannt, findet er Asyl. Die katholischen Heere unter dem Generalissimus Wallenstein aber dringen bis an die Ost- und Nordseeküste vor. Die Protestamten im Reich drohen völlig besiegt zu werden, da kommen ihnen der dänische König Christian IV, und, nach dessen Niederlange, der Schwede Gustav Adolf zur Hilfe. Damit wird der 30jährige Krieg auch noch zum außenpolitischen Konflikt. Ab 1635 tritt das katholische Frankreich in den Krieg ein, gegen die Glaubensbrüder in Wien und Madrid. Denn für die Kardinäle Richelieu und ab 1642 Mazarin zählt nicht Religion, sondern Staatsräson, d.h. die Schwächung Habsburgs.
Fünf Jahre lang, 1643 – 1648, wird man über den Frieden verhandeln, Monate braucht es allein, bis man sich geeinigt hat, wer wann den gemeinsamen Versammlungssaal betritt, Etikette symbolisiert Macht. Am Ende erlangen die Niederlande die Unabhängigkeit von Spanien, die Schweiz tritt aus dem Reichsverband aus, die reformierte Religion wird anerkannt. Frankreich und Schweden werden Besitzungen im Reich zugesprochen, letzeres erhält dazu noch Sitz und Stimme im Reichstag. Der Bayer behält seinen Kurhut, für den Pfälzer wird eine neue, achte Kurwürde geschaffen. Verlierer ist eindeutig der Kaiser. Hat Ferdinand II. 1629 noch dem ganzen Reich seinen Willen diktieren können, so muss jetzt sein Sohn unterschreiben, dass die Reichsfürsten eine eigene Außenpolitik betreiben dürfen.
In der Präambel übrigens werden alle ermahnt, jegliche Kriegsgräuel gänzlich zu vergeben und vergessen. 1919 in Versailles nach dem 1. Weltkrieg spricht der französische Premier Clemenceau von der „Stunde der Abrechnung“. Diese kommt tatsächlich, aber erst am 30.Januar 1933, bzw. am 10. Mai 1940, als die Wehrmacht in Frankreich einmarschiert.
Weitere Lesevorschläge: