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Was geschah eigentlich in dieser Woche (8. Oktober) vor 59 Jahren?

08.10.2021 fingerprint KHJ

8. Oktober 1962

Bedingt abwehrbereit – so die Titelgeschichte des Wochenmagazins „Der Spiegel“, die an jenem Tag erscheint. Die Rede ist von der Bundeswehr nach einem Angriff der Armeen des Warschauer Paktes. Die Staatsmacht schreitet ein. Bundeskanzler Konrad Adenauer, in der Abenddämmerung seiner nunmehr 4. Amtsperiode, spricht im Parlament von einem „Abgrund an Landesverrat“. Bundeskrimimalamt, Polizei und der Militärische Abschirmdienst durchsuchen die Geschäftsräume der Zeitschrift. Mitarbeiter, unter ihnen der Herausgeber Rudolf Augstein, werden verhaftet.


Verteidigungsminister Franz Josef Strauß (CSU), genauso intelligent wie machthungrig, greift zum Telefon und veranlasst via der deutschen Botschaft in Madrid die Festnahme von Conrad Ahlers, dem Autor besagtem Artikels. Vor dem Bundestag wird er im November jede direkte Beteiligung ableugnen, genauso wie Adenauer. Die Staatsanwaltschaft wird später feststellen, dass sich Strauß damit der Amtsanmaßung und der Freiheitsberaubung schuldig gemacht hat. Insofern funktioniert die Gewaltenteilung in der jungen Bundesrepublik. Allerdings wird kein Verfahren gegen ihn eröffnet. Strauß muss zurücktreten. Aber nicht für lange Zeit, bereits 1966 tritt er dem Kabinett Kiesinger als Finanzminister bei. 1980 stellt ihn die CDU/CSU als Kanzlerkandidaten auf, er wird die Wahl gegen Helmut Schmidt (SPD) verlieren.


Die FDP zieht aus Protest ihre Minister aus dem Kabinett ab. Erst als Adenauer zusagt, dass er definitiv im kommenden Herbst vorzeitig zurücktreten wird, kann eine neue Regierung gebildet werden. Im Oktober 1963 verlässt der 87jährige nach 14 Jahren zum letzten Mal das Palais Schaumburg. Er hat Westdeutschland kraft seiner Persönlichkeit Ansehen im Ausland verschafft, sich vor allem auch um eine Aussöhnung mit Israel bemüht. Zum Deutschland jenseits der Elbe findet er persönlich keinen Zugang. Innenpolitisch steht er wohl eher in der patriarchalischen Tradition Bismarcks. Die Regierung weiß am besten, was das Volk wissen soll.


Wer anderer Meinung ist, wird vorsichtshalber erst einmal verhaftet. Am längsten bleibt Augstein im Gefängnis - 103 Tage. Erst im Mai 1965 lehnt der Bundesgerichtshof die Eröffnung eines Hauptverfahrens gegen ihn und seinen Redakteur Ahlers ab. Der Spiegel-Artikel enthält keinen einzigen Fall von Landesverrat. Ein Regierungsbericht hatte vorher 41angebliche Staatsgeheimnisse aufgezählt.


Also eindeutig ein wichtiger Sieg für die Pressefreiheit in diesem Lande. Bis heute bleibt der Gegensatz von Wahrheit und Staatsräson. Im Falle terroristischer Anschläge seitens der RAF, des Münchner Attentats auf die israelischen Sportler 1972 oder der Ermordung von Alfred Herrhausen 1989 in unmittelbarer Nähe unserer Schule verweigern Behörden wegen vermeintlicher Sicherheitsrisiken für den Staat Akteneinsicht. Aber die Wahrheit, wie es wirklich gewesen ist, sollte Vorrang haben.


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Geschichts-AG des Kaiserin-Friedrich-Gymnasiums | 2020 -
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