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label Historischer Hintergrund

Frankreichs Verhältnis zu Deutschland nach 1871

13.04.2021 fingerprint HS

1870/ 1871 galt als Trauma für die Franzosen. Frankreich musste Ende Januar 1871 einen erzwungenen Waffenstillstand unterschreiben, Elsass-Lothringen an das Deutsche Reich abtreten, eine Region mit 1,6 Millionen Einwohnern und einem großen Stellenwert für die französische Stahlindustrie.


Die Bewohner Elsass-Lothringens, die nicht von Berlin regiert werden wollten, flüchteten. Darunter befanden sich viele Protestanten und Juden, unter anderem Alfred Dreyfus, der zu Unrecht für einen weiteren Eklat in der französisch-deutschen Geschichte verantwortlich gemacht wird.


Der Hass gegen die Deutschen sitzt tief und wird der jungen französischen Generation schon früh eingetrichtert. Bereits in der Grundschule las von 1877 an jedes Kind „Tour de la France par deux enfants“. Darin wird die Hoffnung skizziert, dass zwei Flüchtlinge aus dem Elsass ihr Vaterland Frankreich entdecken und hoffen, dass eines Tages Elsass-Lothringen befreit wird.

In der Kunst und Lyrik wurden die Wunden, die Kaiserproklamation in Versailles, 5 Milliarden Francs Kriegsschulden, der Verlust Elsass-Lothringens, die 139.000 gefallenen Soldaten, 500.000 Kriegsgefangene und der Verlust der Ehre Frankreichs, schlugen, künstlerisch dargestellt.


Nichtsdestotrotz orientierte und verglich sich Frankreich mit dem Deutschen Reich. 1913 wurde der Militärdienst verlängert, und die Zahl der Soldaten, die aus den Kolonien einwanderten, wurde erhöht, um mit der deutschen Armee mitzuhalten. Diese Aufrüstung vor dem Ersten Weltkrieg wurde durch Frankreichs wirtschaftliche Lage, besonders durch die Direktinvestitionen in die eigenen Kolonien ermöglicht.

Die Expansion Frankreichs ging hauptsächlich nach Nordafrika, Westafrika und Indochina. Diese sollte als „Empire français“ den Machtverlust und das Trauma von 1870/71 ausgleichen.


Bismarck hielt sich wiederum anfangs zurück, was die Kolonialfrage anbelangte, um Konfliktpotential mit Frankreich und Großbritannien aus dem Weg zu gehen. Bismarck sah außerdem die Isolierung Frankreichs vor und wollte durch ein Bündnissystem einen Zweifronten-Krieg vermeiden.


Kaiser Wilhelm II. suchte wiederum nach 1890 den „Platz an der Sonne“ und forcierte eine aggressive Kolonialausdehnung. Demzufolge kam es zur Isolierung Deutschlands durch die Entente Cordiale (1904) und der späteren Triple Entente (1907). Darin sah Deutschland eine „Einkreisung“.


Schlussendlich war Deutschland isoliert mit seinem einzigen Verbündeten Österreich-Ungarn (Zweibund 1879). Diese Bündnissysteme bilden die Ausgangslage für den 1. Weltkrieg.


Ein weiterer Schritt im französisch-deutschen Verhältnis ist der 1. Weltkrieg (1914-1918). Basierend auf dem Schlieffen-Plan wollte man einen Zweifrontenkrieg vermeiden, indem man schnell den Erzfeind Frankreich im Westen besiegt, damit die Handlungsfreiheit im Osten gegen Russland gewonnen wird. Jedoch artete der Krieg an der Westfront in einen Stellungskrieg mit hoher Materialverschwendung aus, der natürlich auch viele Menschenleben kostete.


Besonders wichtig sind die Schlachten bei Verdun und an der Somme. Beide Schlachten kosteten ca. 1 Millionen deutsche, französische und britische Soldaten das Leben. Die Kriegsentscheidung fiel im Westen nach dem Panzerangriff bei Amiens und bedingte den endgültigen Schlag gegen das deutsche Militär.


Der Versailler Vertrag schürte erneut Hass gegen die Franzosen. Dieser Vertrag beinhaltet die Rückgewinnung Elsass-Lothringens, Kriegsschulden in Milliardenhöhe und die Verringerung des deutschen Heeres. Infolge dessen sah sich Deutschland erniedrigt, und es entstand ein Nährboden für neue Konflikte.


Erst in der Weimarer Republik während der Stresemann Ära entstand von kurzer Dauer eine Entspannungsperiode (Locarnovertrag) im deutsch-französischen Verhältnis.



Im Juni 1940 besiegten die Deutschen Frankreich und besetzten das Land. Während Mareschall Pétain den Waffenstillstand unterzeichnete und somit die Unterdrückung, die gesellschaftliche Teilung und die Abtretung französischer Hoheitsgebiert an Deutschland akzeptierte, kämpfte Charles De Gaulle für den Widerstand gegen Nazideutschland und rief die Franzosen am 18. Juni zur Résistance auf (L’Appel de Londres).

Folglich war Frankreich in zweigeteilt. Auf der einen Seite kämpfte die Résistance gegen die Kollaboration, das Vichy Regime, und verübte Anschläge gegen diese.


Auf der anderen Seite begann die Kollaboration an der Seite Hitlers mit der Verfolgung und Vernichtung der Juden und mit der Einführung des Service du Travail Obligatoire.


Am 6. Juni 1944 (D-Day) sind die Alliierten in der Normandie gelandet und haben den Norden Frankreichs befreit. Im Süden, der ab November 1942 besetzt war, begann die Befreiung ab dem 15. August 1944.

Im Zuge der Nachkriegskonferenzen wurde Frankreich als vierte Besatzungsmacht zugelassen.


Frankreichs Ziel nach drei destruktiven Kriegen war die dauerhafte Sicherheit gegenüber Deutschland und die Kontrolle der deutschen Wirtschaft durch folgende Mittel: die völlige Entmilitarisierung, die Angliederung des Saarlandes an Frankreich und die Internationalisierung des Ruhrgebietes.

Während der Besatzungszeit nährten sich die Franzosen und die Deutschen an. Hier sind der französische Staatspräsident Charles de Gaulle und Konrad Adenauer hervorzuheben.


Im Jahr 1951 wurde die Montanunion basierend auf dem Schuman Plan gegründet. Die Grundidee ist, dass zwei Staaten nicht gegeneinander Krieg führen, wenn die kriegsmaterialproduzierenden Industrien (Kohle und Stahl) zusammengelegt sind.

Dieser Schritt ist der Anfang der Europäischen Union.


Der Pléven Plan sah vor, eine Europäische Verteidigungsgemeinschaft zu gründen. Dieser Vertrag wurde nicht von Frankreich ratifiziert, da sie es sich nicht vorstellen konnten, ihre Armee unter deutsches Kommando zu stellen.


Im Jahr 1963 wurde der Elysee-Vertrag unterschrieben, der den Grundstein der deutsch-französischen Freundschaft bildet. Dieser Vertrag sieht eine gemeinsame Sicherheits-, Jugend- Bildungs- und Außenpolitik vor.


26 Jahre später, im Jahr 1989, stellten Deutschland und Frankreich die deutsch- französische Brigade auf und setzten somit die Idee des Pléven Plans teilweise in die Realität um.

Des Weiteren war das deutsch-französische Gipfeltreffen am 22. Mai 1992 in La Rochelle die Geburtsstunde des Eurokorps, dem inzwischen neben Frankreich und Deutschland auch weitere EU-Mitgliedstaaten beigetreten sind.


Das Verhältnis zwischen Frankreich und Deutschland zeigt den Weg auf, wie aus einem Erbfeind ein enger Verbündeter, ein wirtschaftlicher Partner und Freund geworden ist.


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