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label Historischer Hintergrund

Vom Wiener Kongress über Restauration und deutsche Nationalbewegung bis zur Revolution 1848/49

12.04.2021 fingerprint CJ

Die Neuordnung Europas durch den Wiener Kongress nach dem Sturz Napoleons brachte die Rückkehr in alte Herrschaftsmuster. Die Enttäuschung über diese Restauration absoluter und kleinstaatlicher Fürstenherrschaft führte europaweit zu zahlreichen Aufständen, bis hin zur deutschen Revolution von 1848, die erfolglos war, aber nicht folgenlos blieb.


(2/3) Deutsche Nationalbewegung, Unruhen und Karlsbader Beschlüsse

Deutsche Nationalbewegung, Unruhen und Karlsbader Beschlüsse

Während Adel und arriviertes Bürger- und Beamtentum sich nun offenbar in weiten Teilen mit der neuen Situation arrangierten (ablesbar an dem sprichwörtlich gewordenen Epochenbegriff „Biedermeierzeit“), regte sich in liberal bzw. national-„vaterländisch“ gesonnenen Teilen des deutschen Bürgertums und insbesondere an den Universitäten sehr bald Widerstand gegen das „System Metternich“. Dieser Widerstand manifestierte sich in eindringlicher Weise schon im Jahr 1815 in Jena mit der studentischen Gründung der als „Ur-Burschenschaft“ bezeichneten „Jenaischen Burschenschaft“, deren erklärte Ziele die Herbeiführung der Einheit Deutschlands und der Kampf gegen „fremde Unterjochung und Despotenzwang“ waren. Dieser ersten Gründung einer Burschenschaft folgten bald zahlreiche weitere nach. Im Jahr 1817, auf dem sogenannten „Wartburgfest“, einer Zusammenkunft mehrerer studentischer Verbindungen aus Anlass des Gedenkens an Luthers Reformation und die Leipziger „Völkerschlacht“, kam es dann mit einer Bücherverbrennung, die sich unter anderem gegen den Code Civil und die Bundesakte richtete, zu einer ersten Eskalation.


Vor dem Hintergrund dieser aufgeheizten Stimmung ereignete sich 1819 eine folgenreiche Einzeltat gegen einen wortgewandten Gegner der Burschenschaften und der ebenfalls national gesinnten deutschen Turnerbünde, als der Student Karl Ludwig Sand in Mannheim den Schriftsteller und russischen Generalkonsul August von Kotzebue ermordete, dessen Werke auf dem „Wartburgfest“ verbrannt worden waren.


Dieses Verbrechen und die nach den Ausrufen der Teilnehmer benannten, antisemitischen „HepHep-Krawalle“ im selben Jahr zogen weitreichende Konsequenzen nach sich. Denn beide Vorfälle führten dazu, dass eine Anfang August 1819 in den böhmischen Kurort Karlsbad zusammengerufene und vom Fürsten Metternich geleitete Konferenz von Ministern des Deutschen Bundes die sogenannten „Karlsbader Beschlüsse“ fasste.


Mit ihnen wurden ein Verbot der Burschenschaften und Turnerbünde, eine Überwachung der Universitäten und eine Pressezensur sowie die Einrichtung einer Zentraluntersuchungskommission in Mainz vereinbart, die mit der Verfolgung „revolutionärer Umtriebe“ betraut wurde. Diese Beschlüsse wurden im Folgejahr im Rahmen der „Wiener Schlussakte“ („Schluß-Acte der über Ausbildung und Befestigung des deutschen Bundes zu Wien gehaltenen Ministerial-Conferenzen vom 15. Mai 1820“) in die verfassungsähnliche „Bundesakte“ aufgenommen und galten somit bis 1848 formal für den gesamten Deutschen Bund.


Frühkonstitutionalisierung

Tatsächlich entfalteten diese Maßnahmen offenbar eine gewisse „befriedende“ Wirkung, denn in den folgenden zehn Jahren scheinen sich kaum aufsehenerregende Unruhen in Deutschland ereignet zu haben. Zugleich setzte sich der Trend zur sogenannten „Frühkonstitutionalisierung“, der schon 1814 eingesetzt hatte, weiter fort – auch entsprechend den Vereinbarungen in der „Wiener Schlussakte“. Durch die Einführung geschriebener Verfassungen wurden zahlreiche deutsche Staaten zu „konstitutionellen Monarchien“: Nassau (1814), Schwarzburg-Rudolstadt, Schaumburg-Lippe, Waldeck, Sachsen-Weimar-Eisenach, Sachsen-Hildburghausen (1816), Bayern, Baden, Liechtenstein (1818) Württemberg (1819), Braunschweig, Hessen-Darmstadt (1820), Sachsen-Coburg (1821). Jedoch übertrugen diese Verfassungen jeweils nur Teilbereiche der monarchischen Gewalt an Parlamente, die zudem nicht auf der Grundlage eines allgemeinen und gleichen Wahlrechts zusammengesetzt waren. Zudem wurden diese Verfassungen zumeist vom Landesherrn oktroyiert. Von einer echten Bewegung hin zu mehr Demokratie kann daher hier keine Rede sein. Souveränität und Staatsgewalt lagen weiterhin beim Monarchen oder Fürsten – auch dies ganz im Einklang mit den Vereinbarungen in der „Wiener Schlussakte“.


Parallel zur „Frühkonstitutionalisierung“ wurden die zahlreichen innerdeutschen Grenzen – ein Resultat der auch in der „Wiener Schlussakte“ noch einmal bekräftigten Souveränität der Klein- und Mittelstaaten – zunehmend als Handelshemmnisse erkannt. 1828 kam es nach jahrelangen Verhandlungen mit der Gründung gleich dreier Zollvereine – des Preußisch-Hessischen Zollvereins, des Mitteldeutschen Handelsvereins und des Süddeutschen Zollvereins – zu ersten zollrechtlichen Vereinbarungen in Deutschland. Jedoch erschwerte die Exklusivität dieser Vereinbarungen zugleich den Warenaustausch zwischen Staaten, die nicht demselben Zollverein angehörten.


Unruhen und Revolutionen in Europa

Als es in Frankreich im Sommer 1830 mit der sogenannten „Julirevolution“ zum Aufstand gegen König Karl X., in Belgien im August und September zum Aufstand gegen die Vorherrschaft der mehrheitlich protestantischen Nordprovinzen und in Polen im Herbst zum „Novemberaufstand“ gegen die russische Herrschaft kam, erwachte auch in Deutschland wieder der Geist des Widerstands in Form von Unruhen in mehreren deutschen Bundesstaaten (Braunschweig, Hannover, Sachsen, Kurhessen). 1832 fand mit dem „Hambacher Fest“ in der Pfalz eine große Massenkundgebung mit der Forderung nach nationaler Einheit, Freiheit und Volkssouveränität statt; eine Reihe kleinerer Kundgebungen und Aufstände waren vorausgegangen oder schlossen sich an (Gaibacher Fest, Sandhof-Fest, Nebelhöhlenfest, Wilhelmsbader Fest, Frankfurter Wachensturm). Als Reaktion verstärkte der Deutsche Bund noch im selben Jahr mit den „sechs Artikeln“ und den „zehn Artikeln“ die Repression durch Verhaftungswellen, Einschränkung der Versammlungs- und Pressefreiheit, Überwachung der Universitäten und die Schaffung der „Bundes-Zentralbehörde“ mit Sitz in Frankfurt am Main, die von 1833 bis zu ihrer Auflösung im Jahr 1842 gegen mehr als 2.000 in ihrem „Schwarzen Buch“ registrierte Verdächtigte ermittelte. Wie 14 Jahre zuvor die „Karlsbader Beschlüsse“, zeitigten auch diese Maßnahmen offenbar zunächst die gewünschte Wirkung und sorgten für eine oberflächliche Befriedung im Gebiet des Deutschen Bundes, für einen erneuten Rückzug weiter Bevölkerungsteile ins Biedermeierlich-Private.


Zu den bemerkenswerten Ausnahmen zählte im Jahr 1834 allerdings die Veröffentlichung von Georg Büchners Flugschrift „Der Hessische Landbote“, die soziale Missstände anprangerte und unter der Parole „Friede den Hütten! Krieg den Palästen!“ die hessische Landbevölkerung zur Revolution gegen die Unterdrückung aufrief. 1835 floh Büchner aus dem Großherzogtum Hessen nach Straßburg, um der Verhaftung zu entgehen. Eine weitere bemerkenswerte Ausnahme war im Jahr 1837 der Protest der „Göttinger Sieben“. In diesem Jahr endete mit der Krönung der britischen Königin Victoria die seit 1714 bestehende Personalunion des britischen Königsthrons mit dem Königreich Hannover, da in letzterem nur eine männliche Thronfolge zulässig war. Victorias Onkel, Ernst August, Herzog von Cumberland, erhielt daher die hannoversche Königswürde. Unverzüglich nach seiner Regierungsübernahme hob er das erst 1833 eingeführte, vergleichsweise liberale hannoversche „Staatsgrundgesetz“ auf. Sieben Professoren der Georg-August-Universität Göttingen, genannt die „Göttinger Sieben“ – darunter als bekannteste die Brüder Jacob und Wilhelm Grimm –, protestierten gegen die Aufhebung der Verfassung und wurden daraufhin entlassen. Drei dieser sieben Professoren – Friedrich Dahlmann, Jacob Grimm und Georg Gottfried Gervinus – wurden überdies durch König Ernst August des Landes verwiesen.


Der Deutsche Zollverein

Vier Jahre zuvor, im Jahr 1834, hatte die Entwicklung hin zur deutschen Einheit von staatlicher Seite einen erheblichen Schub erhalten, als sich der von Preußen dominierte Deutsche Zollverein gründete. Er löste den Preußisch-Hessischen Zollverein, den Mitteldeutschen Handelsverein und den Süddeutschen Zollverein ab. Gründungsmitglieder waren neben Preußen das Großherzogtum Hessen, Kurhessen, Bayern, Württemberg, Sachsen und die thüringischen Fürstentümer. In den Folgejahren traten Baden, Nassau und Frankfurt am Main bei (1836), später dann Luxemburg, Braunschweig und Lippe (1842) und 1854 schließlich Hannover und Oldenburg.


Obwohl die Gründung des Deutschen Zollvereins Handelshemmnisse innerhalb der Mitgliedsstaaten abbaute und folglich die Wirtschaft deutlich förderte, wuchs dadurch nicht der allgemeine Wohlstand in Deutschland. Die beginnende Industrialisierung und die stark wachsende Bevölkerung sorgten für ein Überangebot an Arbeitskräften einerseits und für einen Preisverfall manuell hergestellter Waren andererseits. Gerade für die Landbevölkerung verschlechterten sich die Lebensverhältnisse deutlich. Besonders manifest wurde diese Problematik des sogenannten „Pauperismus“ im Jahr 1844 im schlesischen Weberaufstand, der durch die Truppen des preußischen Königs Friedrich Wilhelm IV. blutig niedergeschlagen wurde. Im Jahr 1847 lösten Missernten in Deutschland eine schwere Hungersnot aus. Sie führte zu Unruhen in mehreren deutschen Städten – darunter Nürnberg, Dresden und Berlin –, die ebenfalls mit Waffengewalt niedergeschlagen wurden.



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